Die Unternehmenskrise – Gründe für eine Schieflage!
Teil 2: Krisenursachen
Unternehmenskrise, ihr Verlauf, die Anzeichen und die Ursachen – in mehreren Teilen möchten wir Sie für das Thema sensibilisieren und ermuntern, sich Ihr Unternehmen regelmäßig mit kritischem Blick anzuschauen und frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um in der Erfolgsspur zu bleiben.
Nach der Erläuterung der einzelnen Phasen, die typischerweise eine Unternehmenskrise kennzeichnen, behandelt dieser zweite Teil die Ursachen, die einer Unternehmenskrise in der Regel zugrunde liegen.
Wer ist verantwortlich für die schwierige Situation, in der sich mein Unternehmen befindet? Diese Frage stellen sich in einer bestimmten Phase der Krise alle Unternehmer. Und die Antwort fällt bei den meisten zuerst einmal auch gleich aus: Natürlich die anderen, also die Umstände! Nicht selten werden also zunächst externe (exogene) Faktoren als Hauptursache das Umfeld, unglückliche Zufälle und ähnliche vom Unternehmer nicht beeinflussbare Sachverhalte angeführt. Bei näherer Untersuchung liegen die Ursachen einer Unternehmenskrise jedoch zu rund 80 % (!) an internen (endogenen) Faktoren – also im Verhalten des Unternehmers und seinen Managemententscheidungen – begründet. Dementsprechend ist es wichtig, dass sich der Unternehmer selbst kritisch hinterfragt. Kein einfaches Unterfangen, vor allem wenn man zuvor lange Zeit erfolgreich mit seinem Unternehmen am Markt agiert hat. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass in den meisten Fällen nicht nur ein Grund für die Unternehmenskrise verantwortlich ist, sondern ein Bündel an miteinander verflochtenen externen und internen Fehlentwicklungen.
Beispiele für externe Faktoren:
- Digitalisierung: eine sich beschleunigende Entwicklung, die alle Lebens und Arbeitsbereiche umfasst, so – Kommunikation und Unternehmensprozesse aber auch die Vetriebswege.
- Neue Anbieter am Markt: Die Digitalisierung ermöglicht es, neue Vertriebskonzepte zu realisieren, zum Beispiel im Bereich ECommerce; Online-Anbieter wie Amazon und Zalando gewinnen erheblich Marktanteile zu Lasten des stationären Einzelhandels.
- (Disruptive) neue Technologien: Die Markteinführung der Flachbildschirme führte letztlich zum Marktaustritt mehrerer Hersteller, in der Automobilindustrie führt die betriebene Umstellung von Verbrennungsmotoren auf alternative Antriebe (Elektroantrieb, Brennstoffzelle) zu massiven Änderungen in der Wertschöpfungskette und Umwälzungen vor allem in den Zulieferbetrieben.
- Gesättigte Märkte: Eine jahrelang stabile Produktnachfrage kann durch Marktsättigung in kurzer Zeit deutlich zurückgehen. Hier gilt es, über verschiedene Stellhebel (Marketing, Markenaufbau, Positionierung) Begehrlichkeiten für das eigene Produkt zu entwickeln.
- Großkunden: Bei hoher Abhängigkeit von wenigen Abnehmern kann der Wegfall eines Großkunden existenzbedrohend sein.
Beispiele für interne Faktoren:
- Der Unternehmer: Zuallererst, aber auch am schwersten zu vermitteln, ist da die Person des Unternehmers. Führungsstil und Managementfähigkeiten einschließlich strukturierter Prioritäten und Zielsetzung gerade auch in schwierigen Situationen haben entscheidende Auswirkungen auf den Erfolg des Unternehmens. Eine hohe Fluktuation und hoher Krankheitsstand oder die Abwanderung von Leistungsträgern geben Hinweise auf mögliche Defizite. Fehlende Anpassungsbereitschaft und der Fokus auf die „falschen“ Projekte können eine kritische Situation weiter verschärfen. Manchmal wollen Unternehmer auch einfach „zu viel“ und verzetteln sich
- Die Organisation: Bei Unternehmen in der Krise fehlen häufig Aufgaben, Prozess- und Stellenbeschreibungen. Ineffizienzen und unstrukturiertes Agieren ohne Bick auf Prioritäten und Ziele können die Folge sein. Vielfach ist das Unternehmen in der Vergangenheit stark gewachsen und die Strukturen im Unternehmen haben mit dem Wachstum nicht Schritt gehalten. Oder es fehlt an Transparenz.
- Das Planungs und Kontrollsystem: Eine detaillierte Finanzplanung mit einer Erfolgs, Bilanz- und Liquiditätsplanung sowie einer fundierten Projektkalkulation und einer Produktdetailplanung besteht bei Unternehmen in der Krise oft nur in Ansätzen. Dementsprechend fehlt es auch an Plan-Ist-Vergleichen. Dabei ermöglichen diese Informationen frühzeitig Transparenz über die Situation im Unternehmen und in der Folge die Definition von Maßnahmen, um durch ein frühzeitiges Gegensteuern ein Verschärfen der Krise verhindern zu können.
- Die Produktion: der Einsatz veralteter Maschinen und Anlagen oder auch noch nicht ausgereifter Technologien können ebenfalls eine Unternehmenskrise auslösen. Fallen Maschinen regelmäßig aus oder liegt eine hohe Ausschussquote vor, wird es höchste Zeit, die Maschinen oder den Fertigungsweg auf den Prüfstand zu stellen. Erste Hinweise kann auch das externe und interne Reporting (z.B. Bilanzen) liefern. Langjährig bereits abgeschriebene Anlagegüter in der Bilanz bzw. hohe Abschreibungen bei gleichzeitig geringem Investitionsaufwand sind Anzeichen für einen Investitionsstau im Unternehmen Vielleicht ist aber auch nur die Produktivität gesunken. Ein eher schleichender Prozess, der die nicht nur ein Hinweis auf gestiegene Ausfallzeiten bei Anlagen, sondern auch auf eine unzureichende Auslastung der Maschinen sein kann. Fehlen entsprechende Kontrollmechanismen, wird die Unternehmenskrise unter Umständen erst erkannt, wenn eine existenzbedrohende Phase erreicht wurde.
- Die Produkte: Sind die Produkte noch ausreichend attraktiv bzw. begehrlich, wie innovativ sind die Produkte? Unter Umständen sind bei unverändertem Produktportfolio (lediglich) höhere Investitionen in das Produktmarketing erforderlich. Alternativ oder zusätzlich können auch Investitionen in Produktneuentwicklungen erforderlich sein. Die Ursache für die Krise kann aber auch genau im Gegenteil liegen. Es gibt jede Menge Ideen und Vorstellungen, aber eine zu ungenaue, „kreative“ Umsetzung ohne Zeit oder Budgetvorgaben und das Unternehmen verzettelt sich in Visionen oder „Lustprojekten“.
- Der Vertrieb: Ein grundsätzliches Problem ist Vertriebsschwäche. Können durch Vertriebsaktivitäten – trotz aktuellem Produktportfolio – nicht ausreichend Kunden akquiriert werden, so führt die damit verbundene, unzureichende Umsatzentwicklung zwangsweise in die Unternehmenskrise. Gelingt es dem Unternehmer nicht, den Produktabsatz zu steigern, kann die Kostenstruktur noch so weit angepasst oder Reserven aufgelöst werden – dies hilft nur temporär, die Unternehmenskrise wird existenzbedrohend. Daher sind die bisherigen Vertriebswege (um Beispiel OnlineShop, Handelsvertreter, Multiplikatoren etc.) ebenso zu prüfen wie die Vertriebskompetenz der eingesetzten Mitarbeiter und die eingesetzten Anreizsysteme.
- Die Kapitalausstattung: Fehlendes Eigenkapital ist eine Ursache für eine Unternehmenskrise, die vielfach durch die oben genannten Fehlentwicklungen maßgeblich beeinflusst wird und selten alleine auftritt. Fehlen Definition und Umsetzung von Maßnahmen zum Gegensteuern von operativen Defiziten, so zögert die Möglichkeit, durch (Eigen)Kapital bestehende (Umsatz- und Kosten-)probleme für eine gewisse Zeit zu kompensieren, die Krise und die Vermeidung von Liquiditätsengpässen lediglich hinaus. Fremdkapitalgeber, zum Beispiel Banken, lassen sich in einem solchen Szenario kaum von einem Engagement überzeugen bzw. lassen sich das bestehende Kreditausfallrisiko über hohe Zinsbelastungen vergüten.
Teil 1: Die verschiedenen Krisenstadien
In Teil 3 lesen Sie über Krisenanzeichen.
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